Es ist Dienstag, der 22. Dezember 2020. Um mich herum ein leerer Gruppenraum der Füchse im FidL-Kinderhaus Pipapo. „7:22 Uhr“ tönt es von einem Radiosender aus Potsdam. Es sind die letzten beide Tage vor Weihnachten. Weihnachtsstimmung will trotz Deko-Kerzen, Weihnachtsbaum und allerlei „Gedudel“ aus dem Radio nicht aufkommen. Viele der bereits vergangenen Jahre in den FidL-Kinderhäusern sind mir im Gedächtnis geblieben. Das „Auf und Ab“ an Erfolgen, Misserfolgen, Höhepunkten und Sternstunden – gehört ja irgendwie auch dazu. Doch dieses Jahr?
Es ist egal, wo ich hinschaue oder worüber ich nachdenke, alles ist geprägt von einem unsichtbaren Virus, den ich hier und heute nicht beim Namen nennen will. Vieles hat sich in den vergangenen Monaten für uns alle und weltweit verändert. Die geplanten Neuerungen im Träger, der Start des FidL-Kinderhauses Pipapo, etablierte Feste, Feiern, Rituale und pädagogisch gesetzte Themen wurden fast komplett über den Haufen geworfen. Planungen, die viel Zeit und Engagement von den Mitarbeitenden und der Verwaltung gefordert hatten, wurden unbrauchbar. Neueinstellung von Personal, Neuaufnahmen von Kindern und viele kleine Details, die einen Träger der freien Jugendhilfe sonst häufig beschäftigen, gerieten in der Prioritätenliste einfach nach hinten. Und trotz dieser surrealen Gesamtumstände hat sich FidL ein Stück weiterentwickelt. Um mir selber etwas Mut und Motivation zu geben und vielleicht den Einen oder Anderen ebenfalls zu erreichen, bleibe ich an diesem noch dunklen Morgen bei den schönen Momenten dieses Jahres.
Im Frühjahr konnten wir das FidL-Kinderhaus Pipapo schrittweise in Betrieb nehmen. Die ersten Kinder eroberten das neue Haus. Ein neues FidL Team begann sich zu entwickeln. Die Vision des Trägers zu wachsen, nimmt Fahrt auf. Auch wenn etwas Unsichtbares immer wieder für Unterbrechungen sorgte.
Max, unser Praktikant aus dem Vorjahr hat in 2020 seine Erzieherausbildung begonnen. Damit ist er mein erstes „Fridolin-Kind“, welches nach seiner Kindergartenzeit in meiner damaligen Gruppe, der nachfolgenden Schulzeit, mehreren Praktika, nun den Erzieherberuf ergreift. Er ist im FidL-Team herzlich willkommen. Gerade im Bereich der Personalentwicklung brachte trotz aller Herausforderungen und auch Fehlschlägen das Jahr 2020 etwas Positives. Neues Personal konnte für FidL gewonnen werden. Dafür bin ich sehr dankbar und guter Dinge. Jedes Teammitglied bringt Werte, Innovationen, Wissen und neue Ideen mit. Darauf werden wir auch weiterhin bauen. Die Entscheidung bei FidL oder gemeinsam mit dem Träger zu arbeiten, bestärkt mich, unser Leitbild gemeinsam mit allen Beschäftigten fortzuschreiben. Es ist schön zu sehen, wie Teammitglieder in allen FidL-Kinderhäusern Verantwortung übernehmen und bereit sind zu lernen. Perspektiven ändern sich dadurch – natürlich auch die Sichtweise und Wertschätzung von Leitungsarbeit und Personaleinsatz. In diesen Zeiten wirklich keine einfache Aufgabe.
Die Rückerstattung der falsch berechneten Elternbeiträge wurde Anfang des Jahres komplett abgeschlossen. Damit ist FidL einer der ersten Träger, der diese Aufgabe im Namen der Landeshauptstadt realisiert hat. Wir sind gespannt, ob die Landeshauptstadt Potsdam nach diesem Desaster ihre Hausaufgaben macht. Aktuell berechnet jeder Träger die maximalen Platzkosten selbst und ist gezwungen eine individuelle Beitragsordnung aufzustellen. Ein Umstand der langfristig wieder für Unmut sorgen dürfte. Ein durchdachtes, zeitgemäßes Kitagesetz für das Land Brandenburg, eine einheitlich gerechte Elternbeitragsordnung sind dringend erforderlich und längst überfällig. Dafür setzt sich FidL aktiv in einer Arbeitsgruppe der Kitarechts-Reform als Experte mit ein.
Den Abschied der ältesten Kita-Kinder, der Papageien im FidL-Kinderhaus Fridolin, konnte ich nach so vielen Jahren, das erste Mal nicht miterleben. Die Gründe dafür liegen wieder in dem unsichtbaren Etwas. Alle Beschäftigten und Eltern haben trotz der Umstände mit Einsatz und Kreativität für einen würdigen Höhepunkt und Abschied gesorgt. Dafür an dieser Stelle Dank an alle Beteiligten. Ich konnte mich dann glücklicher Weise doch noch von den Papageien verabschieden. Dieser Nachmittag mit Max dem Praktikanten, den Papageienkindern und einer Landpartie war ein Lichtblick in diesem Jahr. Ein recht kurzer Moment scheinbarer Normalität. Das Versprechen mit meinen kleinen Künstlern auf einer Bühne zu stehen und ein Konzert zu spielen konnte ich an diesem warmen Nachmittag einlösen. All die Monate mit den Papageien und natürlich mit der Gruppenerzieherin trugen in diesem Moment ihre Früchte. Danke an alle Eltern, insbesondere an die Kameraden der Freiwilligen Feuerwehr Uetz-Paaren für die Unterstützung mit Feuerwehrwagen und Hüpfburg!
Trotz des gesamten Trubels und immer größer werdenden Gesichtsfalten und grauen Haaren auf meinem Kopf, gab es jedoch Höhepunkte, die es mir leichtmachten, für FidL Kraft und Zeit zu investieren. Die Schwalben und Füchse im FidL-Kinderhaus Pipapo reihen sich nahtlos in die Generationen von Kids ein, die Spaß, Freude und Begeisterung aufbringen, um gemeinsam mit mir kreativ zu werden. So dauerte es auch nicht lange und der erste neue Song „Amu“ war geboren. „Amu“, die Ameisenkönigin mit Hügelschloss und vielen wuselnden Ameisen und einem Floh, der bei den Ameisen wohnt, geben dem neuen FidL-Kinderhaus einen Rahmen für die Kinder. Dabei ist ein kleines Universum von Figuren, Charakteren entstanden, die mit Hilfe von Daniel und Hendrik, beide Art-Sprayer der Firma Art-EFX im Haus umgesetzt worden sind. Damit lässt sich die nächsten Jahre hervorragend arbeiten. Die neue Musikergeneration ist jedenfalls fleißig am üben. Einen CD Nachfolger von Morgenkreis, Teil 2 „Neues von Amu und der Einhornraketenfee“ ist nun offiziell in Arbeit.
Pipapo ist trotz der unsichtbaren Herausforderung schon ein Stück weit in Fahrland angekommen. Auch wenn bisher kein Fest, keine Eröffnungsfeier, keine Maximalauslastung der Einrichtung möglich ist, sind wir präsent. Gemeinsame Ausflüge zum Ortskern mit den vielen kleinen Lädchen, zum Fahrlander See oder zum Rand des Naturschutzgebietes „Döberitzer Heide“ konnten wir auch schon unternehmen. Freiwillige Feuerwehr, Bürgerverein, Ortsbeirat und Bürger zeigen uns, dass wir willkommen in Fahrland sind. Der Morgenkreis mit dem Revierpolizisten oder dem ortsansässigen Glasermeister zeigen die Bandbreite an Möglichkeiten. Mir wird in diesem Moment klar, wie wichtig die Verknüpfungen in den FidL-Kinderhäusern Fridolin und Pittiplatsch sind. Wir werden auch in 2021 diese Kontakte weiter pflegen und ausbauen.
Der Zusammenhalt der Menschen, die hier bei FidL arbeiten, die Elterngespräche und das Vertrauen gegenüber dem FidL-Team, geben FidL die Kraft auch solche unruhigen, herausfordernden Zeiten zu überstehen. Wir sind – wie in jedem Jahr – mit den Herausforderungen der stetigen Veränderungen beschäftigt. Neue FidL-Teammitglieder müssen gesucht, neue Konzepte erdacht, Bewährtes gepflegt und erhalten werden… Dennoch bleibt es dabei: „Nichts ist so beständig wie die Veränderung.“
Es ist in der Zwischenzeit Frühstückszeit geworden… Doch noch keine Schwalbe ist eingeflogen, kein Fuchs hat sich hier her verirrt. Im Normalfall wäre das eine Katastrophe, doch heute am 22. Dezember 2020 um 8:30 Uhr ein gutes Zeichen. Ich hoffe, dass alle Eltern die Sorge um die Gesundheit und das Wohl aller Menschen – der Großen, der Kleinen, der Alten und der Kranken – verstanden haben und das Unsichtbare ernst nehmen. Gewinnen wird man nur mit der Einsicht, dass jeder etwas tun kann, auch wenn es herausfordernd, anstrengend und unbequem ist.
Ich wünsche allen eine besinnliche und ruhige Zeit.
Henry Sawade
Vorstandsvorsitzender
FidL-Frauen in der Lebensmitte e.V.